Meine Familie, Attachment Parenting und ich

Attachment Parenting kann ein großartiges Konzept zur Umsetzung einer bedürfnisorientieren Eltern-Kind-Beziehung sein. Aber es hat auch blinde Flecken. Mit seinen starren Vorstellungen von Geschlechterrollen und geschlechtsgebundener Verantwortlichkeit konnte es mich nie ganz überzeugen. Deshalb verbindet uns eine Art Hassliebe. Bis heute.

Nils Pickert

A ttachment Parenting und ich, das ist eine längere Geschichte. Wir begegnen uns immer mal wieder, mustern uns gründlich, gehen vielleicht für eine Weile ein Stück des Weges, um uns dann wieder zu trennen. So richtig lassen können wir voneinander aber auch nicht. Wären Attachment Parenting und ich miteinander auf Facebook befreundet, würde unser Beziehungsstatus wohl »kompliziert« lauten. Und das, obwohl wir uns zu Beginn ziemlich stürmisch ineinander verguckt haben. Damals, als meine erste Tochter unterwegs war und ich Zeit hatte, mir Gedanken darüber zu machen, wie ich die Beziehung zu meinem Kind gestalten möchte. Nach Kind Nummer 4 kann man jedoch ohne Übertreibung sagen, dass der Lack ab ist. Und das hat viele Gründe. Einen ganz speziellen Grund, auf den ich immer wieder angesprochen werde, hat es nicht. Und deshalb sei der hier auch zu allererst genannt:

Das Attachment Parenting wird mit seiner zentralen Forderung nach einer bedürfnisorientierten Beziehung zum Kind seit einiger Zeit immer wieder als überzogen angeprangert. Als Wurzel des vermeintlichen Übels der Überbehütung und der anerzogenen Unselbstständigkeit. Aber selbst in einer sehr klassischen, unzeitgemäßen Version ist Attachment Parenting keine Blaupause zum Entzug der Kindesverantwortlichkeit oder um zum Lösen von Problemen, die ein Kind selbst bewältigen kann. Im Gegenteil: Über die Fähigkeit, ein Problem zu lösen, nicht nur zu verfügen, sondern diese auch insbesondere vor Bezugspersonen zu demonstrieren, ist ein elementares Bedürfnis von Kindern. Mit Attachment Parenting werden Kinder nicht verzogen. Wenn überhaupt gibt es Werkzeuge an die Hand, diesen ganzen Erziehungsprozess, der auch immer ein Verziehungsprozess ist, kritisch zu hinterfragen.

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