Getrennte Generationen
In unserem Alltag leben die Generationen häufig voneinander getrennt in ihren eigenen Räumen. Dabei können wir viel voneinander lernen: Jung von Alt und Alt von Jung. Was braucht es dazu, und wie können wir zusammenwirken? Eine persönliche Betrachtung.
Luisa Kleine
Als ich vor drei Jahren in meine Gemeinschaft zog, fand ich mich in einer sehr ungewöhnlichen Position wieder: Ich hatte gleichberechtigten Kontakt mit anderen Generationen. Für diese Begegnungen hatte ich keine Vorlagen, sie sind in unserer Gesellschaft nicht vorgesehen.
Bislang war ich älteren oder jüngeren Menschen nur im Rahmen von Institutionen oder ganz klar hierarchischen Rollen begegnet: Ich war Schülerin, Cousine, Tochter, Studentin. Plötzlich war ich aber auf einer Augenhöhe mit Menschen, die teilweise fast 50 Jahre älter waren als ich, und es gab keine Institution, keine Rollen, die wir spielten. Wir waren einfach Menschen, die sich mit ihren unterschiedlichen Lebenserfahrungen begegneten. Auch als ich als jüngstes Mitglied des MOVE Utopia-Orgateams, die Organisatoren eines Festivals für Gemeinsamkeit und Nachhaltigkeit, mich zwischen ganz unterschiedlich alten Menschen befand, merkte ich immer wieder: Ich bin richtig schlecht darin, Menschen aus anderen Generationen wirklich mit all meiner Lebendigkeit zu begegnen. Und ich fragte mich: Warum ist das so?
Ich finde mich immer noch manchmal hilflos wieder, wenn ich mit Menschen anderer Generationen in Kontakt kommen will. Ist es nicht komisch, mit einer 50-Jährigen zu kuscheln? Darf ich auch viel lebenserfahreneren Menschen kritisches Feedback geben? Rutschen wir gerade in Eltern-Kind-Projektionen oder darf ich mich hier fallen lassen? Ich erlebe diese Unbeholfenheit nicht nur bei mir. Oft ist mein älteres Gegenüber noch viel unsicherer oder fällt einfach in alte Rollen von der Älteren, die der Jüngeren die Welt erklärt. Wir müssen anfangen, darüber zu sprechen!