Wir brauchen dein Lächeln!

Raquel Hernandez Fuentes ändert mit ihrem Projekt die Sichtweise auf Kinder mit Behinderung in Kuba.

Mit tanzenden Kindern und zuschauenden Senioren ändert sie aber nicht nur den Blick auf Kinder mit Behinderung, sondern bringt Generationen zueinander und schult Verständnis.

Ein Erlebnisbericht.

Tabea Zorn

Samstagmorgen. Alt-Havanna. Die Sonne geht über den bunten Häuserfassaden auf. Die Obstverkäufer bauen auf den schmalen Straßen ihre Stände für den Tag auf, und einige Straßenmusiker fangen an, ihre ersten Töne zu spielen. Noch verstecken sich die meisten Menschen in ihren Betten. Nur in einem Straßenblock hört man schon laut das »Lalala« einer Musikbox. Fünfzig Menschen stehen verteilt in drei Reihen und tanzen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man viele Senioren und dazwischen Menschen mit weißen T-Shirts. Die vielen Senioren gehören zum Altenheim des Straßenblocks und die weißen T-Shirts zu dem Projekt für Kinder mit Behinderung »Wir brauchen dein Lächeln!«. Die Kinder mit Behinderung tragen den Slogan mit einem lachenden Herzen auf dem Shirt und überstrahlen dieses fast mit ihrem Lächeln.

»Wie fühlt ihr euch?«, schreit der Animateur. »Guuuuuut«, rufen alle zurück. »Ist euch kalt?« »Neeeeein.« Es herrscht eine Kalt-Wetterfront in Havanna, das heißt 16 Grad, was im Immer-Heißen-Havanna ungewöhnlich ist. Doch hier friert keiner. In der Menschenmenge fällt eine Frau auf, die scheint, als würde sie alle kennen. Sie trägt eine Jeansjacke über ihrem weißen T-Shirt. Sie hat einen aufmerksamen Blick – ist mal hier, mal dort und wirkt etwas angestrengt, fast besorgt, dass alles gut läuft. Die Frau, die scheinbar den Durchblick hat, heißt Raquel Hernandez Fuentes und ist Gründerin des Projekts. Vor fünf Jahren hatte sie einen Traum, dass sie mit Kindern zusammenarbeiten würde, die Down-Syndrom haben. Damals sah ihr Leben noch ganz anders aus. Sie arbeitete als Köchin in einem Hotel für den Tourismus, doch die Sehnsucht mit der Arbeit von Kindern mit Behinderungen hatte sie schon immer. Als Studentin hatte sie mit dem Fach Pädagogik angefangen, musste es aber später gegen Tourismus tauschen – aus finanzieller Not. Hier in Kuba schafft man es fast nur im Tourismus, ein Gehalt zu generieren, das höher als der Hungerlohn ist. Raquel ist Christin und sie sagt, dass ihr Gott den Traum geschenkt hat. »Am 7.2.2015 habe ich meinem Traum dann Laufen beigebracht und das Projekt gegründet.« Es ist ein Kunstprojekt, in dem Kindern mit Behinderungen ein Raum für sich selbst geschaffen wird.

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